Blasenriss (Ruptur)
Der Blasenriss kommt in der Regel nur beim Fohlen in der ersten Lebenswoche vor. Der Blasenriss (Ruptur) ist ein Notfall und sollte eine sofortige Behandlung nach sich ziehen. In den meisten Fällen ist eine Operation notwendig, jedoch bedarf es in der Regel keine Notfall-Operation. Viel wichtiger ist es, den Kreislauf des Fohlens vor der Narkose zu stabilisieren und veränderte Blutparameter auszugleichen, da es sonst zu Herzrhythmusstörungen und Krampfanfällen kommen kann.
Alles im Überblick – operative Versorgung eines Blasenrisses (Zystorrhaphie)
ca. 2-3 Stunden | 5-7 Tage unter Bauchverband |
Vollnarkose | 4 Wochen Boxe
4-6 Wochen Auslaufboxe |
5-7 Tage Spitalaufenthalt | 4-6 Wochen Schritt und kleiner Paddock
nach 8-10 Wochen gewohnte Bewegung und Weide |
Keine Nahtentfernung | Gute Prognose |
Wissenswertes zum Blasenriss
Wer behandelt mein Fohlen?
Ihr Pferd wird von einer Tierärztin oder einem Tierarzt mit Spezialgebiet Pferdemedizin untersucht. Für spezielle Behandlungen werden weitere Spezialistinnen und Spezialisten anderer Fachgebiete beigezogen.
Wie kommt es zu einem Blasenriss?
Früher wurde vermutet, dass der Druck in den Geburtswegen bei Schwergeburten dazu führt, dass die Blase ‚platzt‘ bzw. reisst. Heute denkt man eher dass eine Gewebeschwäche oder Gewebeverletzung im Bereich der Einmündung des Urachus in die Harnblase für die Entstehung des Risses verantwortlich ist. Der Urachus ist die Verbindung der Harnblase des Fetus mit der Plazenta der Mutter. Der Urachus verläuft im Nabelstrang, über ihn wird in der Gebärmutter der Harn des Fohlens ausgeschieden. Wenn es bei der Geburt starker Zug auf den Nabelstrang ausgeübt wird, kann es zu Gewebeschäden und Rissen kommen.
Welche Symptome treten bei einem Blasenriss auf?
Fohlen sind nach der Geburt und in den ersten 1-2 Lebenstagen normal, erste Symptome treten meist ab dem dritten Lebenstag auf. Die Symptome treten erst auf, wenn sich genug Harn in der Bauchhöhle angesammelt hat und zu Flüssigkeits- und Elektrolytverschiebungen führt. Oft haben betroffene Fohlen auch Mühe mit dem Atmen, da die grosse Menge an Harn im Bauch das Zwerchfell am arbeiten hindert. Oft setzten Fohlen trotz des Blasenrisses noch Harn ab, sodass die Vermutung Harnblasenriss oft nicht naheliegend erscheint.
Typische Symptome sind:
- Zunehmende Saugunlust
- Zunehmende Mattigkeit
- Pressen auf Kot oder Harn
- Häufiges Einnehmen der Harnabsatzstellung
- Grosser runder Bauch (oft als aufgebläht beschrieben)
Wie wird ein Blasenriss diagnostiziert?
Wenn ein Fohlen länger als sechs Stunden nicht trinkt sollte ein Tierarzt hinzugezogen werden. Fohlen im Alter von weniger als sieben Tagen mit zunehmender Mattigkeit und Saugunlust sollten unter anderem auf einen Harnblasenriss untersucht werden, um diesen auszuschliessen.
Eine Diagnose erfolgt über eine Ultraschall des Bauches. Wenn dort viel Flüssigkeit gesehen wird, wird diese durch eine Punktion gewonnen und auf harnpflichtige Substanzen (Kreatinin) untersucht.
So kann bestätigt werden, dass es sich bei der Flüssigkeit um Harn handelt und eine eindeutige Diagnose gestellt werden. Eine endoskopische Untersuchung der Harnblase ist aufgrund der Grösse der Fohlen nicht möglich.
Welche weiteren Untersuchungen sind notwendig?
Bei einem Blasenriss sammelt sich Harn in der Bauchhöhle an. Da die Ausscheidung des Harns für Aufrechterhaltung des Flüssigkeit und Elektrolythaushaltes wichtig ist, kommt es zu schwerwiegenden Blutveränderungen.
Zum Beispiel kommt es zu Herzhythmusstörungen, die mittels EKG überwacht werden müssen oder Krampfanfällen. Es wird daher jedem Fall das Blut untersucht, um die Therapie danach ausrichten zu können.
Weiters wird bei Fohlen immer die Antikörperkonzentration im Blut bestimmt, da ein Mangel zu schwerer Sepsis führen kann. Wenn notwendig kann so vor der oft notwendigen Operation noch Plasma verabreicht werden um dies zu verhindern.
Eine detaillierte Allgemeine Untersuchung wird immer durchgeführt, um häufige weitere Probleme zu erkennen und gleichzeitig zu behandeln.
Sonderform Defekt in ableitenden Harnwegen
In manchen Fällen reisst nicht die Blase, sondern die Verbindung zwischen Blase und Nabel (Urachus) oder der Harnleiter hat einen Defekt. So kommt es zum Austritt von Harn in das umliegende Gewebe. Hier überwiegen Symptome wie lokale Schwellungen rund um den Nabel oder das Präputium, zumeist sind die Fohlen sonst recht munter. Diese Diagnose kann über ein Kontrastmittelröntgen gestellt werden.
Kontrastmittel wird in die Blase über einen Harnkatheter eingebracht und der Verlauf dargestellt. In diesem Fall kann eine konservative Therapie mittels temporären Harnkatheter für einige Tage eventuell Erfolg bringen und eine Operation vermieden werden. Das Fohlen braucht zusätzlich trotzdem eine Intensivtherapie an einer Klinik.
Häufige Fohlenerkankungen
Fohlen sind anders als erwachsene Pferde und haben ganz eigene Probleme. Häufige Probleme, die oft zusammen vorkommen sind folgende:
- Antikörpermangel
- Gelenksinfektionen
- Entzündungen der Wachstumsfugen (Physitis)
- Nabelentzündnungen
- Sepsis
- Lungenentzündung
- Angeborene Herzerkrankungen
- Frühchen (Prämaturität)
Wissenswertes zur Operation
Wer operiert mein Fohlen?
Um den höchsten Standard zu gewährleisten, werden Operationen von einem Chefarzt oder einer erfahrenen Oberärztin, einem erfahrenen Oberarzt geleitet.
Narkose
Wenn das Fohlen stabilisiert ist wird der Riss in der Blase chirurgisch verschlossen. Dies wird in einer Vollnarkose gemacht. Die Mutter begleitet das Fohlen in den Operationssaal und bleibt beim Fohlen bis es in Narkose schläft. Die Mutter wird dann bei Bedarf beruhigt (sediert) und wieder in die Boxe gebracht.
Die heutigen schonenden Narkosemethoden sind sicher und deutlich weniger belastend als frühere Methoden. Zudem ist eine umfangreiche Überwachung des Patienten während der Narkose inkl. Blutdruckmessung, EKG, Atemgasmessung etc. Standard. Alle Narkosen werden von speziell ausgebildeten Tierärzt:innen durchgeführt.
Operation oder konservative Therapie?
Eine konservative Therapie kann in einzelnen Fällen versucht werden, ist jedoch häufig nicht zielführend. Vor allem wenn grosse Mengen an Harn in der Bauchhöhle vorhanden ist zumeist der Defekt in er Blase sehr gross und kann konservativ nicht abheilen. Bei Defekten in den harnableitenden Wegen 8siehe oben) kann eine konservative Therapie versucht werden.
Bei einer konservativen Therapie wird dem Fohlen für mehrere Tage ein Harnkatheter gelegt, d Amit der harn ungehindert nach aussen abfliessen kann und keine weietere Ansammlung im Gewebe stattfindet. Der defekt hat so zeigt selbstständig abzuheilen. Zusätzlich benötigt es weitere Intensivtherapie.
Stabilisation vor der OP
Da betroffene Fohlen schwerwiegende Veränderungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt haben, die sich auf viele Körperfunktionen auswirken, müssen sie stabilisiert werden bevor eine Narkose eingeleitet werden kann. Der Status des Fohlens ist in dieser Phase als sehr kritisch anzusehen und betroffene Fohlen können plötzlich versterben. Zur Stabilisation wird der Urin über einen Katheter aus der Bauchhöhle abgelassen, ein Harnkatheter wird gesetzt um möglichst viel Urin aus der defekten Blase nach aussen zu leiten und Infusionen und Medikamente zur Stabilisation werden verabreicht. Die betroffenen Fohlen werden sehr engmaschig überwacht und die Therapie je nach Status angepasst.
Die Operation
Bei der Operation liegt das Fohlen in Rückenlage und ein Harnkatheter wird eingeführt, um die Durchgängigkeit der Harnröhre sicher zu stellen. Während der Operation wird zuerst der Nabel entfernt. Nach Eröffnung des Bauchraums wird der Blasenriss identifiziert und die Wundränder aufgefrischt. Der Riss wird anschliessend mit feinem resorbierbaren Fadenmaterial vernäht, bevor als letzter Schritt die Bauchhöhle wieder verschlossen wird.
Zum Schutz der Bauchnaht wird ein Bauchverband angelegt. Sobald die Operation fertig ist, wird das Fohlen zu der Mutter in die Boxe zum Aufwachen gebracht, wo es dann einige Stunden nach der Operation auch wieder trinken darf.
Nach der Operation
Direkt nach der Operation verbringen Ihre Stute und Fohlen noch einige Tage bis zur ca. einer Woche in unserer Klinik. Meist wird zur Entlastung der Harnblase 48-72h lang ein Harnkatheter dauerhaft gesetzt, damit die Blase möglichst keinem Druck ausgesetzt ist und gut abheilen kann. Des weiteren benötigen die Fohlen zumeist die ersten paar tage weiterhin intensive Therapie mit Infusionen, Schmerzmitteln, Antibiotika und anderen Medikamenten bis sie sich vollständig erholt haben.
Die Fohlen werden engmaschig überwacht ob sie genug Milch aufnehmen und sich zufriedenstellend entwickeln. Die Harnblase wird täglich kontrolliert um sicherzustellen dass die Naht intakt ist und die Blase hält.
Die Nachsorge
Auch die weitere Nachsorge dort ist für eine optimale Heilung und ein gutes Ergebnis sehr wichtig. Wir erklären Ihnen worauf Sie bei Ihrem Fohlen zu Hause achten müssen, was Ihr Fohlen und seine Stute machen darf und was nicht. Zudem erhalten Sie einen schriftlichen Bericht mit genauen Anweisungen. Die Nachsorge zu Hause wird durch Ihren Privattierarzt/-ärztin überwacht, diese(n) informieren wir bevor Ihr Fohlen nach Hause geht.
Prognose
Gut
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