Infektionen (Septische Arthritis)
Bei adulten Pferden sind Infektionen eines synovialen Raumes in der Regel die Folge von Verletzungen. Ein synovial Raum ist entweder ein Gelenk, eine Sehnenscheide oder ein Schleimbeutel. Selten sind Infektionen eines synovial Raumes aus hämatogenem Ursprung, das heisst, das Bakterien aus dem Blut beispielsweise in das Gelenk gestreut sind.
Alles im Überblick – Infektionen (Septische Arthritis)
ca. 1-2 Stunden | 10-14 Tage unter Verband |
Vollnarkose | 4 Wochen Boxe
4-8 Wochen Auslaufboxe |
ca. 7-10 Tage Spitalaufenthalt | 6-8 Wochen Schritt und kleiner Paddock
nach 10-12 Wochen gewohnte Bewegung und Weide |
Nach 10-14 Tagen Nahtentfernung | Gute Prognose, wenn frühzeitig erkannt |
Wissenswertes zu Gelenksinfektionen (septischer Arthritis)
Wunde – Ursache für eine Gelenkinfektion
Verletzungen in der unmittelbaren Umgebung von synovialen Strukturen bedürfen einer äusserst gründlichen Untersuchung, damit eine direkte Beteiligung der synovialen Struktur ausgeschlossen oder bestätigt werden kann. Dies ist nicht nur für die Therapie, sondern auch für die Prognose sehr wichtig.
Was sind Hinweise für ein offenes Gelenk?
- Art und Grösse der Verletzung: In manchen Fällen, wie bei grossflächigen Verletzungen, kann mit freiem Auge beurteilt werden, ob eine synoviale Struktur betroffen ist oder nicht. Doch bei den meisten Verletzungen, vor allem bei Stich- und Bissverletzungen, ist dies nicht möglich.
- Art des Wundausflusses: Das Ausfliessen von Faden-ziehender Flüssigkeit ist verdächtig für eine Verletzung einer synovialen Struktur.
- Stärke der Lahmheit: Dies ist ein unsicheres Kriterium. Erst die Infektion verursacht starke Schmerzen und damit auch eine starke Lahmheit.
Spezialuntersuchungen – Bildgebende Diagnostik
- Ist eine synoviale Struktur eröffnet, können auf einer Röntgenaufnahme unter Umständen Gasschatten innerhalb der synovialen Struktur erkannt werden.
- Wird Kontrastmittel in die synoviale Struktur injiziert, kann ein Abfliessen aus dem Synovialraum radiologisch dargestellt werden.
- Mittels Ultraschall lässt sich manchmal der Ort des Gelenkskapselrisses lokalisieren.
Spezialuntersuchung – Punktion des Gelenks
Die definitive Diagnose wird mittels Punktion und Untersuchung der gewonnenen Gelenkflüssigkeit gestellt. Die Gelenkflüssigkeit kann anschliessend im Labor untersucht, und der die Infektion verursachende Bakterien bestimmt werden.
Vorgangsweise bei eröffneter synovialer Struktur?
Verletzungen mit möglicher Beteiligung eines Gelenkes sind Notfälle!
Die Prognose hängt unter anderem auch von der Zeitspanne zwischen Verletzung und adäquater Wundversorgung ab. Dabei gelten die gleichen Grundsätze, wie bei anderen Verletzungen, mit einigen zusätzlichen Massnahmen. Je nach Ort am Körper sowie Ausmass der Verletzung wird die Behandlung am sedierten oder narkotisierten Pferd durchgeführt. Damit ergibt sich auch die Notwendigkeit, Patienten mit eröffneten Gelenken an eine Pferdeklinik zu bringen, an der die technischen Möglichkeiten von aufwendigen Wundversorgungen inklusiv einer arthroskopischen Behandlung in Narkose gegeben sind.
Wissenswertes zur Behandlung von Gelenksinfektionen
Eine Gelenkinfektion ist ein Notfall und erfordert eine sofortige Therapie!
Erste Wundversorgung beim Besitzer oder der Besitzerin durch einen Privattierarzt
Die Wundumgebung sollte sehr gut gereinigt werden. Die Wundumgebung wird geschoren und die Haut zuerst mit einer desinfizierenden Seife, dann mit Alkohol und zum Schluss mit einer desinfizierenden Lösung gereinigt. Die Wunde sollte gereinigt werden. Eventuell vorhandene Fremdkörper werden vorsichtig entfernt und die Wunde sollte mit steriler Ringerlösung oder einer Antibiotika-haltigen Lösung gereinigt werden.
Wenn immer möglich, sollte die Wunde mit einem Verband geschützt und das Pferd systemisch mit entzündungshemmenden Medikamenten und Antibiotika behandelt werden.
Weitere Behandlung an der Pferdeklinik
Die Wunde muss chirurgisch gesäubert werden. Die Wichtigkeit dieser Massnahme kann nicht genug betont werden. Alles abgestorbene und verschmutzte Material muss sorgfältig entfernt werden, auch wenn dabei die Wunde noch zusätzlich vergrössert wird.
Die betroffene synoviale Struktur (Gelenk, Sehnenscheide oder Schleimbeutel) sollte gespült werden – bei einem akuten Fall so früh wie möglich. Dadurch wird die Konzentration der Entzündungszellen und Infektionserreger reduziert und einer Knochenauflösung vorgebeugt.
Die Spülung kann in frischen Fällen mit Kanülen erfolgen, jedoch werden meistens spätestens zwei Tage nach Beginn der Infektion grosse Menge an Fibrin produziert, sodass in diesem Fall eine Arthroskopie indiziert ist. Durch eine Arthroskopie kann das Fibrin entfernt und die synoviale Struktur beurteilt werden. In Fällen, in denen auf dem Röntgenbild Veränderungen des Knochens sichtbar sind, sollte man eine Arthroskopie durchführen und sichtbare Infektionsherde am Knochen sollten ausgekratzt werden.
Die Spülungen müssen ggf. mehrmals erfolgen, bis zur Besserung der klinischen Symptome und der Laborparameter. Nach Abschluss der Spülung wird in die synoviale Struktur ein Antibiotikum verabreicht. Zusätzlich erhalten die Pferde einen Entzündungshemmer und Antibiotika.
Beurteilung der tiefer liegenden Strukturen
Bei Gelenksverletzungen muss immer auch an eine Verletzung des Knorpels oder Knochens gedacht werden. Deswegen ist eine radiologische Abklärung des betroffenen Gelenkes von grosser Bedeutung. Bei schlechtem Heilungsverlauf muss immer auch an Komplikationen, wie eine Knocheninfektion, gedacht werden, sodass auch radiologische Kontrolluntersuchungen von grosser Wichtigkeit sind. Bei ausgedehnten Verletzungen können auch die Seitenbänder geschädigt worden sein, woraus eine Gelenkinstabilität resultiert. Bei Verletzungen von Sehnenscheiden müssen die Sehnen ultrasonographisch beurteilt werden.
Wissenswertes zur Operation
Wer operiert mein Pferd?
Um den höchsten Standard zu gewährleisten, werden Operationen von einem Chefarzt oder einer erfahrenen Oberärztin, einem erfahrenen Oberarzt geleitet.
Die Narkose
Die Gelenksspülungen werden in Vollnarkose oder in tiefer Sedation gemacht. Dies hängt davon ab wie schwerwiegend die Infektion ist, ob mit Nadeln oder mit dem Arthroskop gespült werden muss, ob viel Fibrin vorhanden ist und ob infizierter Knochen entfernt werden muss.
Die heutigen sehr schonenden Narkosemethoden sind sehr sicher und deutlich weniger belastend als frühere Methoden. Zudem ist eine umfangreiche Überwachung des Patienten während der Narkose inkl. Blutdruckmessung, EKG, Atemgasmessung etc. Standard. Alle Narkosen werden von speziell ausgebildeten Tierärztinnen und Tierärzten, den Anästhesisten, durchgeführt.
Zusatzmassnahmen – Antibiotika und Entzündungshemmer
Eine Zusatzmassnahme, die getroffen werden muss, ist eine systemische Antibiotikatherapie. Diese sollte möglichst früh eingeleitet werden. Falls verfügbar, kann eine Gelenkflüssigkeitsprobe ins Labor eingesandt werden, um die Infektionserreger zu bestimmen und eine ganz gezielte Antibiotikatherapie einzuleiten.
Antibiotika kann auch lokal eingesetzt werden. Dies hat den Vorteil, dass lokal hohe Konzentrationen ohne systematische Nebenwirkungen erreicht werden können. Dies kann zum Beispiel über regionale, intravenöse Antibiotika-Perfusionen oder über direkte Gelenkinjektionen mit Antibiotika geschehen.
Entzündungshemmende Medikamente sollten in einer niedrigen Dosis eingesetzt werden, weil sie das Wohlbefinden des Patienten verbessern und zudem die Entzündungskaskade unterbrechen, sodass weniger giftige Produkte im Gelenk entstehen.
Zusatzmassnahmen – Verband/Schiene und Boxenruhe
Auf jeden Fall muss ein Verband angelegt werden, um die Wunde vor Verunreinigungen zu schützen. Je nach Möglichkeit sollte in den ersten Tagen eine Schiene montiert werden, damit die betroffene Gliedmasse nicht zu stark bewegt wird und die Wunde besser heilen kann.
Der Verband muss am Anfang mindestens alle zwei bis drei Tage gewechselt werden, damit die entstehenden Wundflüssigkeiten die Wundheilung nicht beeinträchtigen. Der Verbandwechsel hat immer sehr sauber (steril) zu erfolgen, damit der Synovialraum nicht nachträglich infiziert wird. Sobald die Sekretion abgenommen hat, können die Intervalle des Verbandwechsels vergrössert werden.
Selbstverständlich braucht der Patient Boxenruhe. Die Ruhezeit soll über einen längeren Zeitraum nach Abheilung der klinischen Symptome hinaus eingehalten werden.
Nach der Operation
Direkt nach der Operation verbringt Ihr Pferd noch einige Tage bis ca. eine Woche in unserer Klinik. Die Spülungen müssen ggf. mehrmals erfolgen, bis zur Besserung der klinischen Symptome und der Laborparameter.
Prognose
Alle Verletzungen mit Beteiligung von synovialen Strukturen (Gelenk, Sehnenscheide, Schleimbeutel) haben beim Pferd eine vorsichtige Prognose, was mit den hohen Anforderungen an den Bewegungsapparat zusammenhängt. Die Prognose hängt in erster Linie vom Alter des Prozesses bis zur adäquaten Behandlung ab. Je früher eine Gelenkinfektion behandelt wird, desto besser sind die Chancen auf eine Heilung und desto geringer bleiben die bereits entstandenen Schäden am Gelenk.
Zudem ist die Prognose auch abhängig von der Lokalisation des betroffenen Gelenkes. Besonders gefürchtet sind Verletzungen der gemeinsamen Fessel- und Karpalbeugesehnenscheide, der Tarsalbeugesehnenscheide, des Schleimbeutels am Fersenhöcker, des Strahlbeinschleimbeutels sowie des Hufgelenks.
Was sind mögliche Konsequenzen oder Komplikationen eines offenen Gelenktraumas?
- Chronische Infektion: trotz intensiver Gelenkspülung kommt es immer wieder zu einem Anstieg von Entzündungszellen im Gelenk.
- Die Gelenkinfektion ist über den Knorpel in den Knochen vorgedrungen.
- Arthrose: chronische Lahmheit durch eine fortgeschrittene, chronische Infektion oder durch ein direktes Knorpeltrauma.
- Mechanische Lahmheit: durch Narbenbildung (= wenig elastisches Gewebe) bei der Abheilung grossflächiger Wunden kann es zur Einschränkung der Beweglichkeit des Gelenkes kommen.
- Wiederkehrender Infekt: ein übersehener Infektionsherd kann nach vorangegangener erfolgreicher Therapie plötzlich in einen Synovialraum einbrechen.
- Fistelbildung: eine bleibende Verbindung vom Synovialraum nach aussen kann eine weitere Operation (Fistelrevision) erfordern.
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