Regenerative Therapien
Regenerative Therapieformen haben in den letzten Jahren in der Pferdmedizin immer mehr an Bedeutung gewonnen. Ziel dieser Therapieform ist es, durch Injektion von biologischen Therapeutika wie Wachstumsfaktoren oder Stammzellen die Regeneration von geschädigtem Gewebe zu fördern. Speziell in der Therapie von Sehnen oder Gelenkserkrankungen genutzte regenerative Therapien sind die Anwendung von PRP (Platelet rich Plasma), IRAP (Interleukin Receptor Antagonist Protein), Stammzellen und Genipin.
Wissenswertes zur Therapie mit Wachstumsfaktoren (Platelet rich Plasma)
Was ist Platelet rich Plasma (PrP)?
Platelet rich Plasma sind Wachstumsfaktoren, welche aus Eigenblut stammen. Es ist ein Konzentrat von Thrombozyten, welches aus dem eigenen Blut des Pferdes stammt. Thrombozyten sind Blutplättchen, auf Englisch platelets genannt.
So enthält Platelet rich Plasma 4-5 mal mehr Thrombozyten pro Volumeneinheit als Vollblut. Diese Thrombozyten enthalten Granula, die wiederum verschiedenste wichtige Wachstumsfaktoren beinhalten.
Wie wirkt Platelet rich Plasma?
Nachdem das Thrombozyten Konzentrat in den zu behandelnden Defekt appliziert wurde, werden die Thrombozyten aktiviert und setzen diese vielen unterschiedlichen Wachstumsfaktoren frei. Diese Wachstumsfaktoren sind verantwortlich für die Regeneration von Geweben und fördern unter anderem die Kollagensynthese in Sehnen.
Wie wird Platelet rich Plasma hergestellt?
Ihrem Pferd wird steril Blut entnommen. In unserem Labor wird die Blutprobe dann weiter aufbereitet. Über zwei verschiedene Zentrifugationschritte und eine nachfolgende Filtration werden die Thrombozyten aus dem Blut extrahiert und dann in einem kleinen Anteil Plasma gelöst. Das PRP kann dann nach ca. 30 Minuten verwendet werden.
Wie wird Platelet rich Plasma angewendet?
Platelet rich Plasma wird heutzutage standardmässig unter Ultraschallkontrolle direkt in die Sehnenläsionen appliziert. Danach wird für die folgenden zwei Tage ein schützender Verband angebracht. Nach dieser Zeit können Sie schon beginnen Ihr Pferd im Schritt zu bewegen. Platelet rich Plasma kann direkt in ein Gelenk oder eine Sehnenscheide appliziert werden.
Nebenwirkungen
Nach Anwendung von Platelet rich Plasma kann es zu lokalen Schwellungen um die Einstichstelle kommen. Diese verschwinden nach wenigen Tagen unter kontrollierter Bewegung.
Wissenswertes zur Stammzelltherapie
Was sind Stammzellen?
Multipotente mesenchymale Stammzellen (MSCs) sind Zellen, die die Fähigkeit besitzen, sich in Zellarten unterschiedlicher Gewebe weiterzuentwickeln (Fett-, Knorpel-, Knochen- oder Sehnenzellen.)
Wie wirken Stammzellen?
Stammzellen (MSCs) werden hauptsächlich aufgrund ihrer Fähigkeit eingesetzt, sich in Zellen der Stützgewebe weiter entwickeln zu können. Die applizierten Stammzellen sollen sich in ihrer neuen Umgebung (z.B. der Sehne) weiterentwickeln, die dort verlorengegangenen Zellen ersetzen und das entsprechende Gewebe neu bilden. Zudem setzen Stammzellen eine Reihe von Wachstumsfaktoren frei, die zusätzlich den Heilungsprozess fördern sollen.
Die Applikation von Stammzellen führt allerdings nicht zu einer schnelleren Heilung, sondern sie verbessert die Qualität des Heilungsprozesses. So zeigen erste klinische Studien eine signifikante Verbesserung der Organisation des abheilenden Sehnengewebes innerhalb der Läsion.
Wie werden Stammzellen hergestellt?
Quellen für multipotente mesenchymale Stammzellen sind das Knochenmark und Fettgewebe. Knochenmark kann stehend unter Sedation und einer Lokalanästhesie mittels Punktion mit einer Nadel aus dem Brustbein Ihres Pferdes gewonnen werden. Die Gewinnung von Fettgewebe erfolgt ebenfalls stehend unter Sedation und einer Lokalanästhesie. Hierbei wird seitlich des Schweifansatzes ein kleiner Hautschnitt gemacht und bis auf das Fettgewebe präpariert. Nachfolgend entnimmt man eine Probe des Fettgewebes und vernäht den Hautschnitt wieder. In beiden Fällen ist eine sterile Vorbereitung des Patienten essenziell, um eine Kontamination der Proben zu verhindern.
Im Labor werden durch Zentrifugation die Zellen gewonnen. Diese Zellen werden durch verschiedene Anzuchtverfahren weiter selektiert, bis nur noch die gewünschten Stammzellen vorhanden sind. Diese Stammzellen werden im Verlauf von ca. zwei Wochen dann weiter vermehrt, bis etwa 10 Millionen MSCs zur Verfügung stehen. Diese Zellen werden dann in Plasma aufgelöst und können appliziert werden.
Anwendung von Stammzellen?
Typische Indikationen für die Applikation von MSCs sind Sehnen- und Bänderläsionen. Stammzellen können aber auch in Gelenke appliziert werden. Hierbei werden 10-20 Millionen Zellen aufgelöst in 1-2ml Plasma unter Ultraschallkontrolle direkt in die Läsion appliziert. Diese Applikation sollte allerdings erst nach Abklingen der Entzündungsreaktionen in der Sehne stattfinden.
Gibts es kommerziell erhältliche Stammzellen?
Für Gelenkbehandlungen gibt es kommerziell erhältliche, sogenannte chondrogene Stammzellen. Das heisst, die Stammzellen sind schon in die Knorpellinie vordifferenziert, und sollen für Gelenke angewendet werden. Diese können aus dem Fläschchen direkt in ein Gelenk appliziert werden und fördern so die Heilung von Knorpelläsionen (als Beispiel genannt). Wir können Ihnen diese Stammzellen anbieten. Fragen Sie Ihren behandelnden Tierarzt bzw. Ihre behandelnde Tierärztin für weitere Informationen.
Wissenswertes zur IRAP - Interleukin Receptor Antagonist Protein
Was ist IRAP?
Interleukin-1-Rezeptor Antagonist (IL-1-Ra) ist wie ein Antikörper gegen das am Anfang der Gelenksentzündung stehende Zytokin Interleukin-1. Dieser «Antikörper» stammt aus dem eigenen Blut Ihres Pferdes und wird durch ein spezielles Laborverfahren vermehrt. IRAP wird direkt in das Gelenk injiziert um dort die Entzündung am Ursprungsort zu hemmen.
Was ist Interleukin-1?
Das Interleukin 1 nimmt eine Schlüsselrolle in der Entzündungskaskade ein. Es gehört in die Gruppe der Cytokine und kann von den Gelenkszellen und Knorpelzellen gebildet werden. Die Bindung des Interleukin 1 an seine spezifische Bindungsstelle (Rezeptor) führt als Reaktion über mehrere Zwischenschritte zur Bildung zahlreicher gelenkschädigender Produkte. Es gibt ein natürlicher Gegenspieler dieses Interleukin 1, welcher die Entzündung hemmt. Diese Substanz wird IL1-Rezeptorantagonist (IL1-Ra) bezeichnet. Mit dem Wissen um die Existenz dieses Gegenspielers bietet sich der Therapieansatz des IRAPs zur Gelenksinjektion an.
Wie wirkt IRAP?
Diese Antikörper besetzen vor allem in der Gelenkmembran die Rezeptoren, an denen normalerweise das Zytokin Interleukin-1 andockt und von dort aus seine negative Wirkung entfaltet. Durch die Besetzung dieser Rezeptoren wird die Entzündung unterbunden, zumindest für eine gewisse Zeit.
Wie wird IRAP hergestellt?
Ihrem Pferd wird steril Blut abgenommen analog zur Plättelt rich Plasma Herstellung. Dann wird dieses über 24 Stunden in einer speziellen Spritze inkubiert und dann durch eine Zentrifugation bearbeitet. Danach wird es steril in verschiedene Portionen abgefüllt, um im Abstand von 1 bis 3 Wochen in die zu behandelnde synodale Struktur (entweder ein Gelenk, ein Schleimbeutel oder eine Sehnenscheide) injiziert zu werden. Die Portionen können im Gefrierschrank aufbewahrt werden. Sie werden dann vor dem Injizieren aufgetaut.
Welchen klinischen Effekt hat IRAP?
Klinisch sind Pferde weniger lahm und zeigen weniger Veränderungen an der Synovialmembran. IRAP ist Doping negativ.
Wissenswertes zur Collagen-Crosslinker - Genipin
Was ist Genipin?
Genipin wird aus der Gardenia-Pflanze gewonnen und ist ein sogenannter Collagen-Crosslinker, also ein Kollagen-Quervernetzer, wobei Kollagen der Baustein von Sehnen ist. Dieses Medikament wird unter einer leichten Sedation und Ultraschallkontrolle in die verletzte Sehne (bzw. in das gesunde Sehnengewebe im Übergang zwischen Sehnenschaden und gesundem Sehnengewebe) injiziert.
Das an der Pferdeklinik des Tierspitals verabreichte Genipin wird von der Universitätsklinik Balgrist exklusiv für uns hergestellt. Die aktuelle Dosierung basiert auf Erfahrungen aus vielzähligen Laboruntersuchungen der Universitätsklinik und ersten Erkenntnissen aus individuellen Behandlungen bei uns.
Genipin wird in der Humanmedizin bereits seit etwa 20 Jahren vielseitig eingesetzt. Beispielsweise bei Bandscheibenproblemen, aber auch für die Behandlung der Hornhaut am Auge. Die Applikation bei Sehnenproblemen ist bis anhin den Pferden vorbehalten.
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