Fesselträgerursprung
Zerrungen und Rupturen vom Fesselträger sind typische Verletzungen der Sportpferde. Es können der Ursprung, der Körper, die Schenkel oder auch der Ansatz vom Fesselträger betroffen sein. Bei den Galopprennpferden ist häufig der Körper betroffen, während bei Spring- und Dressurpferden mehr die Fesselträgerschenkel oder der Fesselträgerursprung betroffen sind.
Alles im Überblick – Fasziotomie und Neurektomie
ca. 2 Stunden | 14 Tage unter Verband |
Vollnarkose | 2 Wochen Boxe
6-12 Wochen Auslaufboxe
Weidegang abhängig vom Schweregrad der Zerrung |
3 Tage Spitalaufenthalt | 6-10 Wochen Schritt
Aufbau abhängig vom Schweregrad der Zerrung |
Nach 10 Tagen Nahtentfernung | Gute Prognose |
Wissenswertes zum Fesselträgerursprung
Was ist der Fesselträgerursprung?
Der Fesselträgerursprung ist Teil des Fesselträgers oder Fesselträgeapparates. Dieser stellt einen über das Fesselgelenk gespannten Sehnengurt dar, der unter anderem der Fixation des Gelenkes dient.
Wie alle Sehnen entspringt auch der Fesselträger ursprünglich aus einem Muskel (M. interosseus medius). Dieser Muskel hat sich im Laufe der Evolution allerdings deutlich zurückgebildet, sodass auch der Ursprung des Fesselträgers am Karpalgelenk und oberen Ende des Röhrbeines, zwischen den Griffelbeinen liegend, einen hauptsächlich sehnigen Charakter mit nur einzelnen rudimentären Muskelfasern aufweist. Diese Struktur wird der Fesselträgerursprung genannt. Dieser geht nach seinem breiten bandartigen Ursprung in den Fesselträgerkörper über, um sich dann im unteren Drittel des Röhrbeines in die Fesselträgerschenkel aufzuspalten.
Wie erkrankt der Fesselträgerursprung?
Der pathophysiologische Mechanismus hinter der Erkrankung des Fesselträgerursprunges ist grundsätzlich derselbe wie bei Sehnenzerrungen im Allgemeinen und auf eine Überbelastung respektive eine Degeneration der entsprechenden Sehnenfasern zurückzuführen. Es kommt zu einer Entzündung der entsprechenden Struktur. Der Fesselträgerursprung ist von einer straffen Bindegewebsmanschette umgeben. Kommt es aufgrund der Entzündung des Fesselträgerursprungs zu einer Dickenzunahme des selbigen, kann dies zusätzlich zur Entwicklung eines sogenannten Kompartmentsyndroms führen, welches die Symptomatik weiter verschlimmert.
Diagnosestellung – Diagnostische Anästhesien
Erkrankungen des Fesselträgerursprunges äussern sich durch Schmerz und eine nachfolgende Lahmheit. Mittels diagnostischer Anästhesien wird die Lahmheit dann auf die Region des Fesselträgerursprunges eingegrenzt.
Diagnosestellung – Ultraschall
Veränderungen des Fesselträgerursprunges werden standardmässig mittels Ultraschall diagnostiziert. Hierbei können Sehnenfaserzerreissungen und die Grössenzunahme (Schwellung) des Fesselträgerursprungs erkannt werden.
Diagnosestellung – Röntgen und CT
Zusätzlich kann es im Rahmen einer Erkrankung des Fesselträgerursprunges zu Veränderungen der Knochenoberfläche kommen, da der Fesselträger im Gegensatz zu anderen Sehnen direkt am Knochen entspringt und dieser miterkrankt. Hier kann es zu Knochenumbauprozessen, Sehnenausrissen bis hin zu Läsionen am Knochen selbst kommen. Diese Veränderungen des Knochens können mittels Röntgen oder mittels Computertomographie dargestellt werden.
Diagnosestellung – MRI des Fesselträgerursprunges
In gewissen Fällen reicht eine Ultraschalluntersuchung nicht und eine MRI-Untersuchung wird notwendig, um sowohl den Fesselträger, wie auch seinen Ursprung am Knochen selbst detailliert darzustellen.
Konservative Therapie – Infiltration des Fesselträgerursprunges
Konservative therapeutische Massnahmen beeinhalten die Injektion von entzündungshemmenden Medikamenten an den Fesselträgerursprung oder andere regenerative Therapien immer in Verbindung mit einem für die entsprechende Veränderung speziell angepassten Bewegungsprogramm sowie ultrasonographische Kontrollen des Heilungsverlaufes.
Konservative Therapie – Stosswellentherapie
Stosswellentherapie ist eine Therapiemöglichkeit gegen chronische Sehnenzerrungen und Verkalkungen in den Sehnen. Mittels eines Gerätes werden Schallwellen in das veränderte Gewebe gebracht, welche die Veränderungen „aufbrechen“ und zur Heilung anregen.
Bewegung nach einer Zerrung des Fesselträgerursprungs
Der Heilungsverlauf der Sehne sollte engmaschig durch Ihren Tierarzt mittels klinischer und ultrasonographischer Untersuchungen im Abstand von 6 Wochen kontrolliert werden. Denn die Steigerung der Belastung im Rehabilitationsprogramm Ihres Pferdes ist davon abhängig, in wie weit sich der Defekt innerhalb der Sehne mit Narbengewebe auffüllt. Dies kann nur mittels Ultraschall kontrolliert werden. Dementsprechend muss die Therapie unbedingt individuell an die ultrasonographischen Veränderungen der Sehne angepasst sein. So dass die Belastung erst bei Erreichen eines genügend abgeheilten Zustandes der Sehne gesteigert wird.
Daraus folgt auch, dass der zeitliche Ablauf der Heilung einer Sehnenzerrung/Entzündung individuell sehr unterschiedlich und Abhängig vom Grad der Sehnenschädigung ist. So kann es bis zu einem Jahr, bei vollständigen Sehnenzerreissungen auch deutlich länger dauern, bis Ihr Pferd wieder wie gewohnt genutzt werden kann.
Chirurgische Therapie
Die chirurgische Therapie des Fesselträgerursprunges ist die Fasziotomie und die Neurektomie. Diese wird empfohlen wenn die konservativen Therapiemethoden ausgeschöpft wurden, diese aber zu keiner Besserung der Symptomatik geführt haben. Diese Operation hat eine gute Prognose und ist bei vielen Pferden erfolgreich.
Wissenswertes zur Operation - Fasziotomie und Neurektomie
Die OP Vorbereitungen
Ihr Pferd wird am Tag vor der Operation stationär aufgenommen. Sie erhalten die Handynummern von unseren Tierärzten, damit Sie immer einen Ansprechpartner haben, wenn Sie Fragen haben. Jedes Pferd wird vor der Operation gewogen. Ihr Pferd wird vom zuständigen Chirurgen und vom Narkosetierarzt klinisch sowie orthopädisch untersucht. Sollte sich der Bedarf für weitere Untersuchungen ergeben, dann weisen wir Sie darauf hin. Um den Ablauf am OP Tag zu beschleunigen werden die OP Gebiete schon ausgeschoren und vorgewaschen. Dann werden Verbände angebracht, um die OP Gebiete sauber zu halten und um Ihr Pferd an die Verbände zu gewöhnen. Ihr Pferd muss nüchtern sein vor der Operation und wird deshalb über Nacht gefastet.
Was passiert bei der Operation des Fesselträgerursprunges – Fasziotomie und Neurektomie?
Die Entzündung des Fesselträgerursprunges an der Hintergliedmasse führt in den meisten Fällen zu einer Dickenzunahme desselbigen und Entstehung eines Kompartmentsyndroms, da der Fesselträgerursprung wie oben genannt von einer straffen Faszie umgeben ist. Der Chirurg präpariert sich hierbei über einen kleinen Hautschnitt bis zu der den Fesselträgerursprung umgebenden Faszie und durchtrennt diese mit einer Schere. Das hat zur Folge, dass sich der geschwollene Fesselträgerursprung ausdehnen kann und nachfolgend der Schmerz nachlässt.
Häufig wird im Rahmen der Fasziotomie auch eine Neurektomie (Nervenschnitt) des Fesselträgerursprunges durchgeführt. Hierbei durchtrennt und entfernt der Chirurg über den selben Zugang mittels Skalpell ein Stück des Nervenastes (Ramus profundus des Nervus plantaris lateralis), der alleine den Fesselträgerursprung versorgt.
Nachfolgend wird die Operationswunde in mehreren Schichten vernäht und ein Verband angelegt. Nach dem Eingriff wird Ihr Pferd in eine spezielle Aufwachboxe gebracht, wo es von der Narkose aufwachen und sicher aufstehen kann.
Wie verläuft die postoperative Phase?
Nach der Operation verbringt Ihr Pferd noch etwa drei Tage bis zum nächsten Verbandswechsel im Tierspital, wird engmaschig überwacht und bekommt die nötigen Medikamente verabreicht. Bei dem ersten Verbandswechsel wird die Naht des Pferdes kontrolliert. Sieht alles gut aus, wird der Patient wieder in Ihre Obhut übergeben.
Ihr Pferd benötigt über die folgenden 10 Tage noch Verbände und hat Boxenruhe. Nach dieser Zeit werden die Fäden gezogen und sie beginnen ein individuell angepasstes Rehabilitationsprogramm, das vorab genau mit Ihnen besprochen wird. In der Regel beginnen Sie mit Schritt, geführt an der Hand und steigern diese kontinuierlich bis zur nächsten Nachuntersuchung. Der Heilungsverlauf wird mittels regelmässiger ultrasonographischer Nachuntersuchungen kontrolliert und die Bewegungstherapie entsprechend angepasst.
Bei gutem Verlauf und abhängig vom Schweregrad der Fesselträgerursprungszerrung, können Sie Ihr Pferd nach 3 Monaten wieder wie gewohnt reiten.
Komplikationen einer Fasziotomie/Neurektomie
Selbstverständlich ist auch eine Fasziotomie/Neurektomie, wie jede Operation, ein Eingriff, der Komplikationen nach sich ziehen kann. Diese sind jedoch sehr selten. Komplikationsmöglichkeiten sind Wundheilungsstörungen, Wundinfektionen oder Verbandsdrücke. Generell ist eine Fasziotomie/Neurektomie jedoch ein sehr sicherer Eingriff, den unsere Spezialisten sehr häufig und sehr sicher durchführen.
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