Luftsackpilz (Mykose)

Der Luftsack ist eine grosse, blasenförmige Höhle, welcher über einen kleinen Kanal (die sog. Ohrtrompete od. Tuba auditiva) mit dem Nasenrachen in offener Verbindung steht. Jedes Pferd besitzt zwei dieser Luftsäcke, auf jeder Seite des Nasenrachens einen. Aufgrund dieser Verbindung können Infektionserreger aus dem Nasenrachen in den Luftsack eindringen. Handelt es sich bei diesen Infektionserregern um Pilze, so spricht man von einer sog. Mykose (eine durch Pilze verursachte Infektionskrankheit).

Obwohl solche Luftsackmykosen sehr selten sind, sind sie für die Pferde lebensgefährlich. Meist kommen sie einseitig vor, können aber auch beidseitig auftreten.

Schematisches Bild eines Luftsackes (blau).

Alles im Überblick – Luftsackpilz (Mykose)

UTZ_PF_Piktogramm_Dauer
ca. 2-3 Stunden
Kein Verband
Narkose
4 Wochen Auslaufboxe
danach wie gewohnt
7 Tage Spitalaufenthalt
4 Wochen Schritt
4-6 Wochen leichte Arbeit
danach je nach Ausmass zurück zur gewohnten Bewegung
Nach 10 Tagen Nahtentfernung
Vorsichtig bis gute Prognose – je nach Ausmass

Wissenswertes zum Luftsackpilz

Schema der wichtigen Blutgefässe (Arterien) im Luftsackbereich.

Weshalb sind Luftsackmykosen so gefährlich?

Innerhalb des Luftsackes und nur von einer ganz dünnen Schleimhaut bedeckt verlaufen diverse grosse Gefässe und wichtige Nerven. Weil der Pilz wohl auf die Nährstoffversorgung durch ein in seiner Nähe verlaufendes Gefäss angewiesen ist, siedelt er meist in der Region der Gefässe an. Abgesehen von der Entzündung der Schleimhaut über dem Gefäss kann der Pilz so auch das unterliegende Gefäss beschädigen. Weil es sich um grosse Gefässe handelt, kann das Pferd anschliessend innert kürzester Zeit verbluten.

Werden statt Gefässe Nerven geschädigt, kann es auch zu Nervenausfällen kommen. Da jene Nerven im Luftsack unter anderem die Futteraufnahme und den Schluckvorgang steuern, können deren Ausfälle zur Störung bzw. Verunmöglichung dieser Vorgänge führen. Pferde, welche kein Futter mehr aufnehmen oder nicht mehr schlucken können, können längerfristig nicht überleben.

Ursachen für Luftsackmykosen?

Bis heute ist unklar, wie genau Luftsackmykosen entstehen. Die Pilze, welche im Luftsack ansiedeln können, kommen nämlich überall in unserer Umgebung vor und trotzdem sind Luftsackmykosen eine eher seltene Erkrankung. Deshalb wird vermutet, dass entweder vorbelastend bereits eine Schädigung/ Erkrankung des Luftsacks vorliegen muss oder aber das Pferd bereits durch eine andere Erkrankung belastet wird und deshalb unter einer reduzierten Immunabwehr leidet.

Wann sollte ich eine Luftsackmykose vermuten?

Werden die Gefässe im Luftsack durch die Luftsackmykose beschädigt, so kommt es zum Nasenbluten. Weil die Luftsackmykose meist einseitig auftritt, fällt auch das Nasenbluten meist einseitig auf. Die Menge an Blut ist dabei unterschiedlich. Leider kann ein betroffenes Pferd aber tatsächlich so viel und so plötzlich bluten, dass es auf der Stelle verblutet. Weil Nasenbluten beim Pferd ein eher seltenes Krankheitsbild ist, ist bei jeglichem Nasenbluten immer auch eine Luftsackmykose zu vermuten.

Wie besprochen kann eine Luftsackmykose nebst Nasenbluten auch Nervenausfälle hervorrufen. Auch bei Pferden mit Ausfällen der Kopfnerven, im speziellen Mühe mit der Nahrungsaufnahme bzw. dem Schlucken (z.Bsp. Speicheln, Würgen, Nasenausfluss mit Futter) gilt eine Luftsackmykose als mögliche Ursache.

Was wird man an der Pferdeklinik Zürich tun, um diese Vermutung zu bestätigen?

Wie die Lunge, der Magen oder ein Gelenk lässt sich auch der Luftsack spiegeln. Hierzu wird ein flexibles Endoskop über den unteren Nasengang bis in den Nasenrachen vor- und anschliessend über die Ohrtrompete in den Luftsack eingeführt. Anschliessend kann der Luftsack einer ausführlichen Sichtprüfung unterzogen werden, wobei sämtliche Gefässe und Nerven überprüft werden. Besteht Nasenbluten, so kann die Blutspur mittels Endoskop ab dem Eingang in die Nase bis zu deren Ursprung verfolgt werden.

Obwohl die Luftsackmykose meist einseitig auftritt, ist es von eminenter Wichtigkeit, beide Luftsäcke zu untersuchen, weil ein beidseitiges Auftreten ebenfalls möglich ist.

Wissenswertes zur Behandlung

Welche Möglichkeiten zur Behandlung bestehen?

Die konservative Behandlung mittels Medikamenten (sog. Antimykotika) alleine ist leider nicht erfolgsversprechend. Die einzige erfolgsversprechende Behandlung ist eine Operation. Diese basiert auf der Überlegung, dass der Pilz auf die Nährstoffversorgung durch ein in seiner Nähe verlaufendes Gefäss angewiesen ist. Entzieht man dem Pilz diese Nährstoffversorgung, so stirbt der Pilz ab. Mittels Operation entzieht man den betroffenen Gefässen deshalb die Blutversorgung (sog. Gefässokklusion), um dem Pilz die Nährstoffversorgung und so die Lebensgrundlage zu entziehen.

Links: Angiographie: mittels Kontrastmittel werden die Kopfarterien dargestellt. Rechts: Rot eingekreist liegt ein Plug. Dieser verschliesst die Blutzufuhr zum Luftsack. Man sieht, dass das dunkle Kontrastmittel nicht mehr weiter läuft, die Säule stoppt beim Nitinol Plug. Das Blutgefäss ist somit dicht verschlossen.

Wie unterbricht man die Blutzufuhr in den Gefäßen?

Während man die Blutversorgung der betroffenen Gefässe auf verschiedene Arten unterbrechen kann, wendet man an der Pferdeklinik Zürich sog. Nitinol Plugs zur Gefässokklusion an. Dies sind nichts anderes als kleine Stopfen, welche sich nach deren Implantation in den Gefässen ausdehnen und diese so verschliessen.

Während der Operation werden also die vom Luftsackpilz betroffenen Gefässe in sicherer Entfernung zum Luftsack freigelegt und katheterisiert.

Unter fluoroskopischer Kontrolle lassen sich anschliessend die Stopfen bzw. Nitinol Plugs an den gewünschten Ort im Gefäss minimal invasiv platzieren, um ab dort die Blutversorgung zu unterbrechen. Vorrangig wird eine sogenannte Angiographie gemacht, das heisst die Gefässe werden mittels Kontrastmittel dargestellt damit die Plugs am richtigen Ort platziert werden können. Lassen sich sämtliche betroffenen Gefässe verstopfen, so sind die Heilungschancen gut.

Wissenswertes zur Operation

Wer operiert mein Pferd?

Um den höchsten Standard zu gewährleisten, werden Operationen von einem Chefarzt oder einer erfahrenen Oberärztin, einem erfahrenen Oberarzt geleitet.

Die Beratung

Eine intensive und ausführliche Beratung ist einer der wichtigsten Punkte bei einer OP. Wir erklären Ihnen die verschiedenen Möglichkeiten und empfehlen Ihnen eine Behandlungsmethode. Wir beantworten in aller Ruhe alle Ihre Fragen über Ablauf, Kosten, Risiken, Ergebnis und Pflege nach der OP.

Die OP Vorbereitungen

Bei Luftsackmykosen handelt es sich um Notfälle!

Dementsprechend sollen die Pferde bei Verdacht unverzüglich im Notfall überwiesen bzw. vorgestellt werden. Pferde die akut und hochgradig Bluten können sterben. Entsprechend muss bei diesen Pferden eine rasche und intensive Therapie eingeleitet werden. Auch sind manchmal Bluttransfusionen von einem Blutspender notwendig. 

Pferd unter Vollnarkose bereit für einer Luftsackembolisation unter Durchleuchtung.

Der OP Tag

Vor der Operation wird Ihrem Pferd einen Venenkatheter gesteckt. Durch diesen werden vor der Operation Breitspektrum Antibiotika, Entzündungshemmende Medikamente sowie Schmerzmittel verabreicht. Ihr Pferd wird in der Boxe leicht sediert und das Maul wird ausgewaschen. Nach einer sanften Einleitung der Narkose wird die Haut im OP-Gebiet mehrfach desinfiziert, anschließend wird die Region mit sterilen Tüchern abgeklebt. Nun beginnt der eigentliche Eingriff. Die Haut im Bereich der zu okkludierenden Gefässe wird durchtrennt und ein Katheter zur Platzierung der Stopfen bzw. Nitinol Plugs eingeführt.

Mittels Fluoroskopie (einem bildgebenden Verfahren, welche das Pferd durchleuchtet und die Lokalisation des Katheters anzeigt) wird der Katheter an die gewünschte Lokalisation vorgeführt und der Stopfen bzw. Nitinol Plug platziert.

Anschliessend wird Gefäss und Haut wieder verschlossen. Nach dem Eingriff wird Ihrem Pferd in eine spezielle Aufwachboxe gebracht, wo es von der Narkose aufsteht.

Risiken

Hier handelt es sich um eine sehr risikoreiche Erkrankung und einen technisch sehr komplexen Eingriff. Mit der entsprechenden Kenntnis über die Anatomie im und um das Operationsfeld kann dieser allerdings sorgfältig durchgeführt werden. Das Risiko einer Blutung ist höher als bei anderen Eingriffen, weil direkt an und in den Gefässen gearbeitet wird. Gleichzeitig besteht das übliche Infektionsrisiko.

Nach der Operation

Direkt nach der Operation verbringt Ihr Pferd zur Sicherheit einige Nächte in unserer Klinik. Sechs Stunden nach Aufstehen aus der Vollnarkose wird Ihr Pferd mit einem Mash und Heu angefüttert. Ihr Pferd wird überwacht und notwendige Medikamente werden verabreicht. 

Ca. 3 Tage nach der Operation werden die Medikamente umgestellt. Vor Klinikaustritt werden die Luftsäcke noch einmal untersucht. Meist lässt sich bereits ein Absterben des Pilzes festhalten. Oft verlassen die Pferde die Klinik ca. eine Woche nach Eintritt.

Nachsorge

Die Nachsorge ist für eine optimale Heilung und ein schönes Ergebnis sehr wichtig. Wir erklären Ihnen worauf sie bei Ihrem Pferd zu Hause achten müssen, was Ihr Pferd machen darf und was nicht. Zudem erhalten Sie einen schriftlichen Bericht mit genauen Anweisungen. Die Nachsorge zu Hause wird durch Ihren Privattierarzt überwacht, diesen informieren wir bevor Ihr Pferd nach Hause geht. 10-14 Tage nach der Operation wird Ihr Privattierarzt die Hautfäden entfernen.

Die Abheilzeit

Ihr Pferd sollte bis zum Entfernen der Fäden unter Boxenruhe gehalten und anschliessend während zwei Monaten einem behutsamen Wiederaufbau unterzogen werden.

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