Harnsteine
Die häufigste Lokalisation von Harnsteinen ist die Blase, seltener kommen sie im Nierenbecken, in den Harnleitern und der Harnröhre vor (dies ist im Gegensatz zum Menschen). Manchmal treten Harnsteine an mehreren Lokalisationen auf.
Ein vollständiger Verschluss (Niere, Harnleiter und Harnröhre) kann zu hochgradigen Schmerzen führen, manche Pferde werden daher wegen akuter Kolik vorgestellt. Eine echte ‚Nierenkolik’ wie sie beim Menschen auftritt (und vom Besitzer oft vermutet wird) ist beim Pferd jedoch fast nie zu sehen und andere Ursachen für die Kolik sollten auf alle Fälle abgeklärt werden. Pferde mit Harnblasensteinen weisen typischerweise Blut im Harn auf nach der Belastung, oder zeigen Unwohlsein beim Harnabsatz. Oft nehmen betroffene Pferde die Harnabsatzstellung ein, aber setzen keinen oder nur wenig Urin ab.
Alles im Überblick – Harnsteinabklärung und Entfernung
½ Tag – Untersuchung
2-4 Stunden – OP | Kein Verband |
Sedation | 2 Wochen Boxe mit Auslauf bzw. Paddock |
5-7 Tage Spitalaufenthalt | Nach ca. 2 Wochen wie gewohnt |
Keine Nahtentfernung | Gute Prognose |
Wissenswertes zu Harnsteinen
Wie entstehen Harnsteine
Der Harn von gesunden Pferden enthält viel calcium carbonat. Darum erscheint dieser auch trüb. Dieses Calcium Carbonat Sediment kann sich verbinden und ein Harnstein bilden.
Die Steinbildung beginnt meist um einen Nidus (Bakterien, abgestorbenes Gewebe). Mit der Zeit führen Ablagerungen zu einer Vergrösserung des Steines. Vor allem in der Harnblase können diese Steine beachtliche Ausmasse annehmen.
Pferde haben zwei Arten von Harnsteinen
- Typ I Harnstein: Ca-Carbonat-Steine / Gelb-grüne Steine mit rauer Oberfläche, welche einfach zu zerbrechen sind (> 90%)
- Typ II Harnstein: Ca-Carbonat-Steine mit Phosphor / Grau-weissliche Steine mit glatter Oberfläche, welche extrem hart und schwer zu zerbrechen sind (< 10%)
Typische Symptome bei Harnsteinen
Die Symptome sind abhängig von der Lage des Steines. Am häufigsten liegen Harnsteine in der Blase. Diese Pferde zeigen häufig blutigen Harnabsatz nach der Belastung. Zudem können die Pferde vermehrt eine Harnabsatzposition einnehmen aber kein Urin absetzen oder vermehrt nur kleine Mengen an Harn absetzen. Zusätzlich können die Pferde auch Schmerzen beim Harnabsatz haben.
Wenn die Steine in der Harnröhre liegen und diese verschliessen zeigen Pferde Kolik und nehmen häufig die Harnabsatzstellung ein. Pferde die keinen Harnabsetzen und gleichzeitig Kolik zeigen, müssen durch einen Tierarzt schnell untersucht werden, da die Harnblase auch reissen könnte, wenn ein Verschluss vorliegt durch den Stein. Seltener liegen die Steine in der Niere, diese Pferde sind häufig symptomlos.
Mögliche zugrundeliegende Ursachen
Der typische Harnsteinpatient ist der erwachsene Wallach. Wallache erkranken häufiger als Hengste oder Stuten. Man vermutet, dass kleinere Harnblasenkonkremente über die kurze, dehnbare Harnröhre der Stute unbemerkt ausgeschieden werden. Obschon Harnkonkremente sich in jedem Bereich des Harntraktes ablagern können, ist die Harnblase am häufigsten betroffen. Als eine mögliche Ursache für die Steinbildung wird u.a. ein unphysiologisches Angebot an Kalzium und Phosphor im Futter vermutet. Ihre exakte Entstehung ist jedoch unklar.
Zu den wichtigsten Faktoren, die zur Steinbildung beitragen zählen unter anderem:
- Entzündungen und Gewebebeschädigung in den Harnwegen
- Übersättigung des Urins mit bestimmten Mineralien
- Vorhandensein von Zellbestandteilen und Schleimsubstanzen als Kristallisationskern und Ausgangspunkt für die Steinbildung
Harnsteine haben eine substantielle Rezidiv-Gefahr, d.h. bei manchen Pferden kommt es nach der Entfernung des Harnsteins zu einer erneuten Bildung von Harnsteinen.
Wie kann ich rausfinden ob mein Pferd einen Harnstein hat?
Wenn Ihr Pferd blutigen Harn absetzt oder häufig eine Harnabsatzstellung einnimmt, aber keinen Urin absetzt, empfehlen wir eine Untersuchung. Bei einer rektalen Untersuchung kann der Stein eventuell in der Blase ertastet werden. Für eine sichere Diagnose wird eine Zystoskopie durchgeführt: eine Kamera wird unter Sedation in die Harnröhre bis zur Blase eingeführt, um die Lokalisation, Grösse, Anzahl und Natur der Harnsteine zu ermitteln. Aufgrund der Grösse ist es nicht möglich, die beiden Harnleiter bis zum Nierenbecken mit der Kamera zu untersuchen. Harnsteine im Bereich der Nieren und Harnleiter müssen daher mittels Ultraschall diagnostiziert werden.
Durch die Zystoskopie können auch andere Erkrankungen der Harnwege, z.B. Harnblasenentzündung oder Harnblasentumore abgeklärt werden.
Zusätzliche Untersuchungen
Wenn ein Harnstein in der Harnblase diagnostiziert wurde, sollte ein Ultraschall beider Nieren durchgeführt werden, um festzustellen ob dort ebenfalls Steine vorhanden sind. Dies ist für die Prognose wichtig. Nierensteine können beim Pferd nicht entfernt werden, und können mittel- bis langfristig zu einer chronischen Niereninsuffizienz führen.
Zusätzlich sollte ein Blutbild angefertigt werden, um die Funktion der Nieren zu überprüfen sowie eine Untersuchung des Harnes.
Vorbeugung von Harnsteinen
Im Gegensatz zu Hunden und Katzen kann man beim Pferd die Harnsteine nicht mit einer Futterumstellung auflösen. Eine Zugabe von Salz kann die Wasseraufnahme steigern und dadurch die Harnabsatz Menge erhöhen. Futtermittel mit hohem Kalziumgehalt sollten vermieden werden.
Das Ansäuern des Harnes durch Verabreichung von speziellen Futtermitteln oder Ammoniumchlorid ist beim Pferd meist nicht erfolgreich, da grosse Mengen täglich verabreicht werden müssten, und Pferde diese in solchen Mengen aufgrund des schlechten Geschmackes nicht aufnehmen
Wissenswertes zur Behandlung von Harnsteinen
Wer untersucht mein Pferd?
Ihr Pferd wird von einer Tierärztin oder einem Tierarzt mit Spezialgebiet Pferdemedizin untersucht. Für spezielle Behandlungen werden weitere Spezialistinnen und Spezialisten anderer Fachgebiete beigezogen.
Wer operiert mein Pferd?
Um den höchsten Standard zu gewährleisten, werden Operationen von einem Chefarzt oder einer erfahrenen Oberärztin, einem erfahrenen Oberarzt geleitet.
Wie werden Harnblasensteine behandelt?
Die gewählte Therapie hängt vom Geschlecht, der Grösse und der Rasse des Pferdes ab.
- Stuten: Die Harnröhre ist sehr dehnbar, unter Sedation und Epiduralanästhesie ist unter Umständen sogar eine manuelle Entfernung möglich, oder eine Entfernung mittels Fasszangen unter endoskopischer Kontrolle.
Wallache/Hengste: Hier ist die Therapie der Wahl die minimal invasive transendoskopische Litotripsie (das heisst, Zertrümmerung über das Endoskop mit einem speziellen Gerät). Als Alternative wenn kein solches Gerät zur Verfügung steht, können die kleinen Harnblasensteine über einen chirurgischen Zugang zur Harnblase mittels einer Zange entfernt werden.
Therapie der Wahl – Lithotripsie (Zertrümmerung der Steine)
Vor der Operation wird Ihrem Pferd einen Venenkatheter gesteckt. Durch diesen werden vor der Operation breitspektrum Antibiotika, Entzündungshemmende Medikamente sowie Schmerzmittel verabreicht. Ihr Pferd wird in ein Untersuchungsstand gebracht und leicht sediert.
Die Operation wird stehend unter Sedation durchgeführt. Dabei wird eine Kamera in die Harnblase (Zystoskopie) vorgeschoben und unter Sichtkontrolle die Harnsteine mittels elektrohydraulischer Wellen (Lithotripsie) in kleine Fragmente gespalten. Anschliessend werden die kleinen Partikel herausgespült oder mit besonderen endoskopischen Zangen durch die Harnröhre entfernt.
Nach der Operation/Litotripsie
Direkt nach der Operation verbringt Ihr Pferd zur Sicherheit paar Tage in unserer Klinik. Einige Stunden nach der Operation wird Ihr Pferd mit einem Mash und Heu angefüttert. Ihr Pferd wird überwacht, besonders der Harnabsatz wird kontrolliert und notwendige Medikamente werden verabreicht. Ihr Pferd wird auch noch mittels Infusionen (Flüssigkeit über die Vene) versorgt um die Harnwege zu spülen und um kleine Steinfragmente auszuspülen. Am folgenden Tag wird zur Kontrolle ein Harnblasenspiegelung durchgeführt und der Harn wird kontrolliert. Blasenspülungen werden in den ersten Tagen nach der Zertrümmerung durchgeführt, um sicherzustellen, dass das meiste Sediment herausgespült wurde.
Die Nachsorge
Die Nachsorge ist für eine optimale Heilung und ein schönes Ergebnis sehr wichtig. Wir erklären Ihnen worauf sie bei Ihrem Pferd zu Hause achten müssen, was ihr Pferd machen darf und was nicht. Zudem erhalten Sie einen schriftlichen Bericht mit genauen Anweisungen. Die Nachsorge zu Hause wird durch Ihren Privattierarzt überwacht, diesen informieren wir bevor Ihr Pferd nach Hause geht.
Futtermittel die viel Kalzium enthalten sollten vermieden werden. Sie können dem Futter Salz zuführen damit das Pferd mehr trinkt und dadurch mehr Harn absetzt.
Die Abheilzeit
Ihr Pferd sollte 2 Wochen nach der Operation in einer Boxe mit Auslauf und kleinem Paddock gehalten werden und im Schritt bewegt werden. Die Abheilzeit wird im Falle einer Litotripsie durch das Ausmass der Blasenentzündung bestimmt. In der Regel kann Ihr Pferd spätestens 1 Monat nach der OP wieder wie gewohnt belastet werden und darfwieder auf die Weide.
Das könnte Sie auch interessieren
Endoskopie
Die Endoskopie, auch Spiegelung genannt, ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem verschiedene Körperhöhlen und Hohlorgane untersucht werden.
Harnblasenentzündung
Eine Harnblasenentzündung beim Pferd kommt weniger häufig vor als bei anderen Tierarten oder beim Menschen. Sollte Ihr Pferd an einer Harnblasenentzündung leiden, behandeln Spezialist:innen der Pferdekliniken Ihr Pferd mittels modernster Untersuchungsmethoden und besprechen mit Ihnen die jeweiligen Therapiemöglichkeiten.