Halswirbelsäulenarthrose
Krankheiten an der Halswirbelsäule sind sowohl beim Menschen wie auch beim Pferd sehr häufig und vielfältig.
Wissenswertes zur Halswirbelsäulenarthrose
Wie ist die Halswirbelsäule anatomisch aufgebaut?
Das Pferd besitzt, wie die meisten anderen Säugetiere auch, 7 Halswirbel. Neben den grossen, mit einer Bandscheibe als «Stossdämpfer» ausgestatteten Gelenken haben diese Wirbel noch oben gelegene grosse Gelenksfortsätze. Diese bilden zusätzliche Gelenke, die sogenannten Facettengelenke. Diese Gelenke sind wichtig für die Beweglichkeit der Halswirbelsäule.
Die einzelnen Abschnitte der Halswirbelsäule haben hierbei unterschiedliche Funktionen: Während die vordersten beiden Wirbel für Rotationsbewegungen verantwortlich sind, sind die 3. und 4. Halswirbel vor allem für Beugung und Streckung zuständig. Die hintersten Halswirbel vermitteln vor allem die Seitwärtsbiegung.
Direkt unterhalb dieser Gelenke ist jeweils ein Loch ausgebildet, das Zwischenwirbelloch. Durch dieses treten grosse Nerven, die vom Rückenmark abgehen aus, die sogenannten Spinalnerven. Die Spinalnerven im Bereich 5. Hals- bis 2. Brustwirbel bilden das Vorderarmgeflecht, den Plexus brachialis. Dieser ist für die Nervenversorgung der Vorderbeine zuständig.
Was versteht man unter Halswirbelsäulenarthrose?
Während beim Pferd die Bandscheiben nur sehr selten Probleme machen, ist eine Arthrose der Facettengelenke im Bereich der Halswirbelsäule recht häufig. Wie an anderen Gelenken auch versteht man unter einer Arthrose eine degenerative Erkrankung der Gelenke. Es handelt sich um eine chronische Erkrankung, die von Abnutzungserscheinungen und Umbauvorgängen begleitet wird. Wird sie von Entzündungsschüben begleitet, so treten Schmerzen auf.
Welche Pferde erkranken an Halswirbelsäulenarthrose?
Diese Erkrankung kann schon bei jungen Pferden auftreten, aber auch Pferde mittleren bis hohen Alters betreffen. Bei Ponies und Eseln wird diese Erkrankung nur sehr selten beobachtet. Dagegen wird sie recht häufig bei Warmblütern festgestellt.
Meist ist das hintere Drittel der Halswirbelsäule zwischen 4. und 7. Halswirbel betroffen.
Wie können schon junge Pferde an einer Arthrose erkranken?
Ein Zusammenhang mit OCD (Osteochondritis dissecans) wird vermutet. Bei einer OCD kommt es während des Wachstums zu einer Verknöcherungsstörung im Bereich der Gelenke. Die Gelenke können dann deformiert sein oder Chips bilden. Solch vorgeschädigten Gelenke können dann schon früh zur Arthrose neigen.
Typische Symptome
- Halsbiegeschmerz: Die im Rahmen der Arthrose entstehende Kapselentzündung, z.T. auch die knöchernen Umbauvorgänge, können Schmerzen verursachen. Betroffene Pferde können Schwierigkeiten beim Reiten oder Fressen zeigen, vermeiden bestimmte Halsbewegungen, biegen sich schlecht beim Reiten. Manchmal kann der Hals auch wie in einer bestimmten Stellung blockiert erscheinen.
- Vorderhandlahmeiten: Drücken die vergrösserten Gelenksfortsätze oder die entzündete Kapsel auf die durch das Zwischenwirbelloch tretenden Spinalnerven, so können diese gereizt und schmerzhaft werden. Da die Spinalnerven ab dem 5. Halswirbel für die Innervation der Vorderbeine zuständig sind, können sich Vorderhandlahmheiten entwickeln.
- Ataxie: Kommt es im Rahmen einer Halswirbelsäulenarthrose durch die vergrösserten Facettengelenke oder die entzündete Gelenkskapsel zu einer Druckschädigung des Rückenmarks, so kann eine Ataxie entstehen. Das heisst, das Pferd zeigt einen unkoordinierten Gang. Da die Nervenbahnen für die Hinterbeine im Rückenmark sehr oberflächlich verlaufen, sind diese vom inkoordinierten Gang oft am meisten betroffen.
Zeigen alle Pferde mit Halswirbelsäulenarthrose Symptome?
Nein. Es gibt viele Pferde mit radiologisch darstellbarer Arthrose, die aber keine Symptome zeigen.
Zeigen alle Pferde mit Halswirbelsäulenarthrose Symptome?
Nein. Es gibt viele Pferde mit radiologisch darstellbarer Arthrose, die aber keine Symptome zeigen.
Wie kann ich herausfinden, ob mein Pferd an einer Halswirbelsäulenarthrose leidet?
Wenn das Pferd Symptome zeigt, so sollte es tierärztlich untersucht werden. Eine Röntgenuntersuchung ohne Symptome ist aufgrund des recht hohen Anteils an Pferden mit radiologisch veränderten Facettengelenken aber ohne damit verbundene Symptomatik nicht sinnvoll.
Die tierärztliche Untersuchung umfasst eine klinisch-orthopädische Untersuchung, gegebenenfalls eine neurologische Untersuchung sowie eine Röntgenuntersuchung. In ausgewählten Fällen kann auch eine Ultraschall- oder szintigraphische Untersuchung hilfreich sein.
Wie kann eine Halswirbelsäulenarthrose behandelt werden?
In milden Fällen kann eine systemische entzündungshemmende Behandlung erfolgen. In ausgeprägten Fällen ist meist eine Gelenksbehandlung der betroffenen Facettengelenke erforderlich.
Wissenswertes zur Gelenksbehandlung
Wer führt die Gelenksbehandlung bei Ihrem Pferd durch?
Eine korrekte Durchführung der Ultraschall-kontrollierten Gelenksbehandlung erfordert spezielle Kenntnisse und Training. Aus diesem Grund führen bei uns nur speziell ausgebildete Veterinärmediziner:innen und Oberärzte sowie Oberärztinnen diese Behandlung durch.
Sedation für die Gelenksbehandlung
Bei einer Sedation wird dem Patienten ein Medikament aus der Gruppe der alpha-2 Agonisten, bei Bedarf kombiniert mit einem Opioid, in die Vene injiziert. Dieses Medikament sorgt dafür, dass die Patienten müde und entspannt werden. Sie verlieren aber nicht das Bewusstsein und können stehenbleiben. Zusätzlich haben diese Medikamente beim Pferd auch eine recht starke schmerzstillende Wirkung. Ca. 20-30 Minuten später sind die Pferde wieder wach und können verladen werden. Eine Stunde nach der Sedation dürfen sie auch wieder fressen.
Was wird bei der Gelenksbehandlung genau gemacht?
Bei der Gelenksbehandlung werden die betroffenen Facettengelenke unter Ultraschallkontrolle mit entzündungshemmenden Medikamenten behandelt. Mit dem Ultraschall wird das Gelenk dargestellt und das korrekte Einführen der Kanüle kontrolliert.
Welche Medikamente werden bei der Gelenksbehandlung in das Gelenk gespritzt?
Ein wichtiges Ziel der Behandlung ist es, die mit der Arthrose verbundene Entzündung auszuschalten. Aus diesem Grund werden starke Entzündungshemmer in Form von Corticosteroiden, also Kortison-verwandte Medikamente, injiziert.
Wie sind die Erfolgsaussichten einer Gelenksbehandlung bei Halswirbelsäulenarthrose?
Das hängt von der Symptomatik des einzelnen Patienten ab. Allgemein sprechen die meisten Pferde, die aufgrund der Arthrose unter Vorderhandlahmheit leiden, sehr gut auf die Behandlung an. Auch bei Halsbiegeproblemen werden die meisten Pferde durch die Behandlung besser oder symptomfrei. Bei Ataxie ist die Prognose vorsichtig. Hier werden bei weniger als der Hälfte der Patienten gute Ergebnisse erzielt.
Ist Arthrose heilbar und wie lange hält der Effekt der Behandlung an?
Arthrose ist weder beim Menschen noch beim Pferd heilbar. Ziel der Behandlung ist es, dass die begleitende Entzündung ausgeschaltet wird, die Kapselverdickung zurück geht und das Pferd mit der Arthrose schmerz- und beschwerdefrei leben kann. Die Wirkung der Medikamente hält nur wenige Wochen an. Somit hängt es stark davon ab, ob die Arthrose ruhig bleibt, nachdem die Entzündung einmal ausgeschaltet wurde. Bei den meisten Patienten ist dies der Fall – sie können monate- oder jahrelang beschwerdefrei bleiben. Es gibt aber auch Pferde, bei denen der Effekt der Behandlung unzureichend ist oder die Beschwerden nach Abklingen der Medikamentenwirkung bald wieder auftreten. Es ist leider nicht möglich, für den einzelnen Patienten vorherzusagen wie er auf die Behandlung anspricht.
Wie sieht das weitere Management des Pferdes nach der Gelenksbehandlung aus?
Das weitere Management, vor allem hinsichtlich der Bewegung, aber auch bezüglich medikationsbedingter Turnierpause besprechen wir direkt nach der Behandlung mit Ihnen und kann von Pferd zu Pferd variieren.
Was sind die Risiken einer Gelenksbehandlung der Halswirbelsäulenarthrose?
Wie jeder medizinische Eingriff kann auch eine Gelenksbehandlung Komplikationen nach sich ziehen. Als spezifische Komplikation zu nennen ist einerseits das Eindringen von Bakterien durch den Stichkanal mit nachfolgender lokaler Infektion bis hin zum Gelenksinfekt. Diese Komplikation ist aber bei korrekter steriler Durchführung sehr selten.
Zum anderen kann prinzipiell jede Verabreichung von Corticosteroiden beim Pferd Hufrehe auslösen. Gefährdet sind vor allem Pferde, die schon vorher an Hufrehe litten sowie stark übergewichtige Patienten. Bei allen anderen Pferden ist das Risiko von Hufrehe verschwindend gering.
Generell ist die Ultraschall-kontrollierte Behandlung der Facettengelenke am Hals aber ein sehr sicherer Eingriff, den wir regelmässig und sehr sicher durchführen.
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