Akute Symptome einer Insektengiftallergie reichen von lokalen Hautreaktionen (Urtikaria, Pruritus, Erythem, Angioödem) bis hin zu systemischen Manifestationen wie Anaphylaxie (Durchfall, Erbrechen, Dyspnoe, Kreislaufkollaps). Da ein anaphylaktischer Schock nicht immer diagnostiziert werden kann, sind erhöhte Leberwerte (ALAT) sowie ein Gallenblasenödem hilfreich, um den Verdacht zu erhärten. Die Venom-Immuntherapie (VIT) ist die einzige effektive Möglichkeit, das Risiko solcher allergischen Reaktionen bei sensibilisierten Hunden signifikant zu reduzieren.

Die Diagnose einer Hymenoptera-Giftallergie erfordert den Nachweis einer spezifischen IgE-Sensibilisierung, der serologisch oder mittels intradermalen Tests in unserer Klinik durchgeführt werden kann.
Das standardisierte Protokoll umfasst drei Phasen:
- Steigerungsphase: Unter kontrollierten Bedingungen werden steigende Dosen des Allergens subkutan verabreicht, um eine schrittweise Desensibilisierung zu erreichen. Diese Phase findet an zwei Terminen in Abstand von einer Woche statt.
- Erhaltungsphase: Nach Abschluss der Steigerungsphase wird monatlich eine Erhaltungsdosis von 100 µg verabreicht. Dieses Intervall wird schrittweise auf bis zu drei Monate verlängert.
- Provokation: Sechs Monate nach Beginn der Therapie kann ein kontrollierter Stichtest durchgeführt werden, um die Wirksamkeit zu evaluieren.

Die Venom-Immuntherapie hat sich in mehreren Studien als hochwirksam erwiesen (80-95%). In einer Untersuchung unserer Klinik zeigten alle behandelten Hunde nach wiederholten Stichen keine oder lediglich milde Symptome. Im Gegensatz dazu haben unbehandelte Hunde mit einer vergangenen allergischen Reaktion auf Insektenstiche ein Risiko von 63%, bei einem erneuten Stich eine gleiche oder schlimmere Reaktion zu erleiden. Zudem ist die Verträglichkeit hervorragend: In unseren Studien wurden keine schwerwiegenden Nebenwirkungen dokumentiert.
Der Schutz während der Steigerungsphase scheint durch die frühzeitige Desensibilisierung von Basophilen und Mastzellen sowie durch die die Bildung blockierender IgG-Antikörper etabliert zu werden. Dies führt zu einer geringeren Aktivierung von Effektorzellen. Hinsichtlich der langfristigen Toleranz ist ein anhaltender Rückgang der IgE-Spiegel und ein Wechsel von einer Th2- zu einer Th1-Immunantwort erkennbar. Zusätzlich tragen regulatorische T- und B-Zellen zur Induktion einer langfristigen Allergen-Toleranz bei.
Die Erhaltungsphase der VIT kann nach Einweisung durch die Spezialist:innen des Tierspitals in einer Heimtierpraxis durchgeführt werden. Dies ermöglicht eine flexible und wohnortnahe Versorgung der Patienten und reduziert die Belastung für die Tierbesitzer:innen. Eine Umfrage des Tierspitals Zürich ergab, dass eine VIT die Lebensqualität der Besitzer:innen spürbar verbessert, während das dauerhafte Mitführen eines Adrenalin-Autoinjektors als belastend empfunden wird.
Die initiale Abklärung inklusive Allergietest und Steigerungsphase kostet ca. CHF 1800.- während die monatlichen Kosten der Erhaltungsphase bei etwa CHF 80.- liegen.
Für eine weiterführende Beratung oder Überweisung steht unser Team der dermatologischen Abteilung des Tierspitals Zürich zur Verfügung: derma@vetclinics.uzh.ch
Unsere Publikationen zu diesem Thema:
1. Chapman E, West EA, Kosnik M, Fischer NM, Favrot C, Beeler L, Rostaher A. Natural History and Risk Factors of Hymenoptera Venom Allergy in Dogs. Animals (Basel). 2024 Nov 10;14(22):3220.
2. Rostaher A, Fischer NM, Vigani A, Steblaj B, Martini F, Brem S, Favrot C, Kosnik M. Hymenoptera Venom Immunotherapy in Dogs: Safety and Clinical Efficacy. Animals (Basel). 2023 Sep 23;13(19):3002.